Elbe-Pegel

 

In unserer Zeit sind bedrohliche Hochwasser der Elbe durch den intensiven Deichbau zu einer Seltenheit geworden. Aber wenn sie kommen, dann mit großer Gewalt. Das wird vielen Menschen aus der heutigen Zeit in Erinnerung bleiben, denn im August des Jahres 2002 suchte uns ein folgenschweres Hochwasser heim.

In früheren Jahren ließen plötzliche Schneeschmelze oder lang anhaltende Regenfälle die Elbe und deren Nebenflüsse rasch ansteigen und setzten ganze Landstriche unter Wasser. Kamen dann noch Deichbrüche hinzu, war das für Mensch und Tier eine Katastrophe.

Chroniken der letzten tausend Jahre berichten, dass in manchen Jahren mehrmals katastrophale Hochwasser waren, die besonders schlimme folgen bei Eisgang verursachten. Gewaltige Hochwasser gab es z. B. in den Jahren 590, 782, 820 und 962, 1000, 1002, 1008. Diese brachten für Mensch und Tier auch Seuchengefahr. Ein neues Flussbett grub sich die Elbe beim Hochwasser 1118. Im Jahr 1187 entstand ungeheurer Schaden durch Hochwasser. Menschen, Tiere und Häuser wurden fortgerissen. Das Wasser stieg so hoch, dass es zum Elbtor eindrang, welches drei Ellen und einen Zoll hoch war, und bis zum hochgelegenen Markt in Torgau hinaufspülte. Eine am Elbtor eingemauerte Steinkugel zeugt vom Stand dieses Hochwassers. In den nächsten Jahren kam es zu den normalen Überschwemmungen.

Weit über den Normalstand stieg das Wasser in den Jahren 1546, 1551, 1556, 1564, 1566, 1570 bis 1573, 1579, 1587, 1594, 1595, 1598 und 1599. Die Elbe war in der Zeit vom 31. Dezember 1709 bis 18. März 1710 gefroren. Der Eisbruch richtete am 18. März 1740 großen Schaden an Torgaus Brücken an. Auch Menschenleben waren zu beklagen bei den Überflutungen in den Jahren 1777, 1781 – 1784 und 1799.

Im Jahr 1784 ist das Wasser in 24 Stunden um zwei Meter gestiegen und erreichte fast den Stand von 1432 und übertraf das Hochwasser von 1655. Die Gemeinde Zeckritz (Beilrode) gehörte nicht unmittelbar zu den Elbdörfern und stand unter Wasser. Drei Menschen und 46 Rinder kamen ums Leben. Im 18. Jahrhundert war es das größte Hochwasser.

Das Elbe-Hochwasser im Jahre 2002, genannt die „Jahrhundertflut“

In der Zeit vom 15. bis 23. August 2002 wurde die Elbe zum Fluss des Grauens. Bereits am 16. August 2002 mussten die ostelbischen Orte evakuiert werden und am Sonntag, den 18. August 2002, begruben die Wassermassen Ortsteile der Gemeinde Großtreben-Zwethau. Dank vieler Helfer und zahlreicher Spenden war es möglich, die Schäden weitestgehend zu beseitigen. Doch in den Köpfen der Betroffenen wird das Elbehochwasser des Jahres 2002 unvergessen bleiben.

Nichts hat uns im Jahr 2002 so beschäftigt, wie die Ereignisse im August. Die beängstigende Urgewalt der Elbe, Evakuierungen, der Deichbruch bei Dautzschen mit seinen verheerenden Folgen für die Anwohner, Spekulationen und Wut bei den Betroffenen – aber auch der Kampf gegen die Naturgewalten, die unbeschreibliche Solidarität und uneigennützige Hilfe der ostelbischen Bewohner sowie zahlreicher freiwilliger Helfer.

 

Tagebuch der Ereignisse in Ostelbien

Seit Jahrtausenden schlängelt sich die Elbe durch unser Gebiet. Ihr Urstromtal war dabei einmal bis zu 10 km breit. Immer wieder änderte sie ihren Flusslauf. Alte Elbarme finden wir heute noch in Beilrode, Eulenau und Zwethau. Erst durch die Eindeichung hat die Elbe ein konstantes Flussbett. Dabei verschwanden zahlreiche großflächige Überschwemmungszonen, die bei Hochwasser die riesigen Wassermassen aufnahmen. Durchstiche sorgten für einen geraden Lauf, erhöhten aber auch die Strömungsgeschwindigkeit.

Seit Beginn der Elbebaumaßnahmen wurde immer wieder von Deichbrüchen berichtet, die verheerende Folgen für die Regionen nach sich zogen. Auch beim Hochwasser im August 2002 hat sich die Elbe vielfach ihr altes Flussbett wieder gesucht. Normalerweise fließt die Elbe in den heißen Sommermonaten beschaulich dahin, führt Niedrigwasser und lockt viele Touristen an ihre Strände zwischen der Quelle im Tschechischen und der Nordsee-Mündung.
Im Juli noch feierten Tausende zwischen Schmilka und Hamburg die neue Sauberkeit des Flusses mit einem Badetag. Doch nur vier Wochen später wurde die eben noch besinnliche Elbe zum Strom des Grauens.

Seit am Montag, den 12. August, heftigste Regenfälle mit ergiebigem Niederschlag in Mitteleuropa niedergingen – so wurden im Erzgebirge stellenweise in 72 Stunden über 400 Liter Regenwasser auf einem Quadratmeter gemessen – schwollen einst idyllische Gebirgsbäche in Tschechien, aber auch in den sächsischen Bergregionen zur ausufernden Wassergewalt an.

Die Müglitz, Weißeritz, Mulde und Saale ergossen, nachdem sie schon enormen Schaden angerichtet hatten, ihre Wassermassen in die Elbe, deren normaler zwei Meter Wasserstand in nur wenigen Tagen mehr als verfünffacht wurde. Viele Hauseigentümer hatten mit stetig steigendem Grundwasser im Kellerbereich zu kämpfen. Feuerwehren, Technisches Hilfswerk und viele freiwillige Helfer waren im Einsatz.

Das Auspumpen von Kellern und der Anblick von überfluteten Straßen war noch gar nichts gegen das, was die folgenden Tage bringen sollten. Noch konnte keiner ahnen, dass die Elbe mit ihrer zerstörerischen Wassermacht nicht nur wie in Pirna, Dresden und Meißen wütet, sondern dass die Riesen-Flutwelle auch unserer Ostelbien-Gemeinde Großtreben-Zwethau zum Verhängnis werden sollte.

 

Die Fluttage des Jahres 2002 im Überblick

Die Elbe-Hochwasserwelle kommt über Dresden – Meißen – Riesa in den Landkreis Torgau – Oschatz. Die Nachricht ging um, dass die Elbe-Brücke gesperrt werden sollte. Der Katastrophenstab des Landkreises bereitet am Vormittag die drei ostelbischen Gemeinden auf die nahende Flut vor; fest steht schon: ganz Ostelbien soll evakuiert werden. Die Kindertagesstätte in Beilrode wird gegen Mittag evakuiert. Die Evakuierung wird vorbereitet. In Großtreben füllen erste Helfer Sandsäcke. Bei Großtreben und Dautzschen wird mit dem Abdichten des Deiches begonnen.

In der ehemaligen Gemeindeverwaltung in der Bahnhofstraße in Beilrode wird ein Krisenstab eingerichtet. Für 10 Uhr wird die Evakuierung der Gemeinde Beilrode angeordnet. Die Evakuierung der Gemeinde Beilrode zum Gymnasium Torgau beginnt. Am Nachmittag beginnt die Evakuierung von Großtreben und Dautzschen nach Züllsdorf. Um 18 Uhr beginnt auch die Evakuierung der Gemeinde Arzberg zur Rosenholz-Halle in Arzberg. In Nichtewitz werden Sandsäcke zum Abdichten des Deiches in Graditz gefüllt.

Die Einwohner der Gemeinden werden wiederholt aufgefordert, die Evakuierung ernst zu nehmen. In Triestewitz (Gemeinde Arzberg) erfolgen hektische Lautsprecher-Ansagen aus den Polizeiautos: „Der Deich bei Mühlberg ist gebrochen, bitte verlassen Sie sofort den Ort! Es besteht akute Lebensgefahr!“
Um 11 Uhr wird die Elbbrücke in Torgau gesperrt. Am Nachmittag füllen freiwillige Helfer aus allen Orten Sandsäcke zum Stabilisieren gefährdeter Deichabschnitte bei Werdau und Graditz. In allen Gemeinden arbeiten Freiwillige fieberhaft. In Nichtewitz werden Sandsäcke gefüllt, um den gefährdeten Deich bei Stehla zu sichern. Brandenburgs damaliger Ministerpräsident Platzeck – der Held des Oder-Hochwassers von 1997 – kämpft mit!

Um 9.10 Uhr bricht der Deich bei Dautzschen. Dautzschen, Großtreben und Last werden von Wassermassen überschwemmt, Keller und Untergeschosse laufen voll.
Am Nachmittag werden auch die Helfer in Beilrode aufgefordert, ihre Arbeiten sofort einzustellen. Die Helfer jedoch bleiben standhaft und verlassen den Deich nicht! Auch in Stehla wird weitergekämpft – mit vereinten Kräften gelingt die Deichsicherung!

Wassermassen bestimmen die Ortsbilder von Dautzschen und Großtreben. In Beilrode kämpfen Freiwillige weiter am Deich. Die Evakuierung nimmt kein Ende. Mittags kämpfen freiwillige Helfer aus den betroffenen Orten sowie aus dem Elbe-Elster-Kreis und einige Bundeswehrsoldaten um den Deich bei Rosenfeld. In Beilrode werden letztmalig Sandsäcke gefüllt.

In Beilrode beginnen die ersten Aufräumarbeiten. Einige Evakuierte kehren wieder heim. In Großtreben und Dautzschen sind die Heimkehrer über den sich ihnen bietenden Anblick schockiert.

Langsam kehren die letzten Einwohner nach Beilrode und Arzberg zurück, Großtreben und Dautzschen bleiben weiterhin evakuiert. Erste Aufräumarbeiten beginnen in den überfluteten Dörfern.

Die Einwohner von Dautzschen und Großtreben kämpfen mit Wasser, Schlamm und Öl, Häuser werden entrümpelt. Freiwillige Helfer aus Nachbargemeinden und auch anderen Bundesländern treffen ein.

Immer mehr Hilfskräfte und Hilfsgüter treffen in Großtreben und Dautzschen ein. Eine beispiellose Spendenaktion beginnt.

 

Hochwasser Juni 2013

In der ersten Juni-Hälfte 2013 erlebte die Elbe-Region ihr nächstes Jahrhundert-Hochwasser. Die Region Ostelbien verzeichnete am Nachmittag vom Freitag, 7. Juni 2013 mit 9,22 m den Höchststand. Zwar gab es die Problempunkte in Pülswerda (Deich) und Neubleesern (Sielbruch), aber Schäden wie 2002 hatte Ostelbien zum Glück nicht zu beklagen.

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